Spirituelles – Weihnachtsbotschaft von Abt Reinhold Dessl
Weihnachtsbotschaft 2018 von Abt Reinhold Dessl
Heute ist euch der Retter geboren
Retter hat es viele gegeben in der Geschichte der Menschheit und auch solche, die sich nur als Retter aufgespielt haben. Manche von ihnen haben es durch ihre Rettungsaktionen noch schlimmer gemacht in dieser Welt, vor allem dort, wo sie mit Gewalt aufgetreten sind. Viele wichtige Rettungsaufgaben gibt es auch heute in der Welt, etwa wenn wir an den Weltfrieden denken, den Klimaschutz oder anderes.
Selber nicht die Welt retten müssen
Es ist viel von uns verlangt, auch im ganz persönlichen Bereich. Und doch wäre es eine Überforderung, zu meinen, wir allein könnten die Welt retten. Nach dem bekannten Liedtext von Tim Bendzko, wo es heißt: „Noch 148 Mails checken, wer weiß, was mir dann noch passiert, denn es passiert so viel. Muss nur noch kurz die Welt retten und gleich danach bin ich wieder bei dir.“
Da tut es gut, heute den zu feiern, der wirklich der Retter der Welt ist. „Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren: Christus, der Herr.“
Revolution der Liebe Gottes
Es hat zu Weihnachten hat so etwas wie die Revolution der Liebe Gottes stattgefunden. Das ewige Wort Gottes ist ein Kind geworden, das noch gar nicht einmal sprechen kann. Dieses Wort Gottes, von dem am Weihnachtstag im Evangelium die Rede ist, hat sich damit in die Hand von Menschen begeben, um von ihnen sprechen zu lernen. Der, der Gott war von Anfang an, hat sich in die Hand von Menschen begeben, um von ihnen den Glauben zu lernen. Es gibt keine größere Demut und keine größere Herablassung als dieses Geschehen der Heiligen Nacht.
Die Rettungsaktion Gottes zu Weihnachten ist also keine bloß äußere Aktion. Es geht um keine Symptombehandlung, könnten wir sagen, sondern Gott geht das Problem an der Wurzel an. Der Mensch ist neu zu einem Partner Gottes auf Augenhöhe geworden, so wie er ursprünglich gedacht war. Der Mensch braucht nicht der Retter der Welt zu sein, denn das hat ein anderer vor ihm getan. Aber er ist eingeladen, mit ihm zusammen auch an der Rettung der Welt zu arbeiten.
„Heute ist euch der Retter geboren“. Dieses „Heute“ ist nicht nur das „Heute“ der Vergangenheit, sondern soll das „Heute“ der Gegenwart werden.
Bei sich selber ankommen
Seit Weihnachten sind sozusagen die Wege verkürzt worden. Es ist nicht mehr der Mensch, der krampfhaft von sich aus mit Gott eine Verbindung aufnehmen muss, sondern die Verbindung ist geschaffen. Das Glasfaserkabel des schnellen Internets ist sozusagen gelegt. Wir brauchen uns nur mehr selber daran anzuschließen. Es gibt hier einen schönen Ausspruch unseres Ordensvaters, des hl. Bernhard von Clairvaux: „Du musst nicht über Meere reisen, musst keine Wolken durchstoßen und musst nicht die Alpen überqueren. Der Weg, der dir gezeigt wird, ist nicht weit. Du musst deinem Gott nur bis zu dir selbst entgegengehen.“
„Deinem Gott bis zu dir selbst entgegengehen.“ Das ist eine weihnachtliche Übung, die wir uns auch auf die Zeit nach Weihnachten hinüberretten könnten: Sich selber wahrnehmen und annehmen als einen von Gott Geliebten. Ich brauche mir diese Liebe nicht zu verdienen. Sie ist nicht das Geschenk für übergroße Verdienste, sondern sie wird mir gratis gegeben, damit ich sie auch weiter verteilen kann.
„Heute ist euch der Retter geboren.“
In diesem Sinn ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest uns allen!
Abt Reinhold Dessl
25.12.2018