Zisterzienserstift

Wie fast alle Klostergründungen des Mittelalters verdankt auch Wilhering sein Entstehen der Stiftung durch eine reiche Adelsfamilie. Im Falle Wilhering waren es die „Herren von Wilhering“. Seit dem Ende des 11. Jahrhunderts leiteten sie die Rodungen im Gebiet nördlich der Donau.

Als die Familie um 1145 ihren Wohnsitz auf die von ihr neu erbaute Burg Waxenberg verlegte, stellte sie die aufgelassene Burg Wilhering und das zugehörige Land im Donautal dem steirischen Zisterzienserkloster Rein für eine Tochtergründung zur Verfügung.

Als eigentliche Stifter kann man die beiden jungen Ritter Ulrich und Kolo bezeichnen, die mit der Gründung des Klosters einen lang gehegten Wunsch ihres Vaters erfüllten. Als Gründungstag des Klosters Wilhering gilt der 30. September 1146. An diesem Tag sollen 12 Mönche aus dem Kloster Rein mit ihrem neu bestellten Abt in Wilhering eingetroffen sein.

Der Gründung folgten Jahre mit Schwierigkeiten und Krisen, die von der Generation der Gründermönche nicht bewältigt werden konnte. Nach nicht einmal 40 Jahren zeichnete sich das Ende des Klosters ab: Von 12 Mönchen waren nur mehr zwei in Wilhering.

Das damals noch alljährlich in Citeaux tagende Generalkapitel der Zisterzienseräbte beschloss daraufhin, das Kloster Wilhering nochmals mit einer kompletten Gründermannschaft von 12 Mönchen und einem Abt aus dem Kloster Ebrach bei Würzburg zu besiedeln. 1185 übernahmen sie
das Stift Wilhering. Die Ebracher Mönche begannen im Jahr 1195 mit dem Bau einer Kirche, die in späteren Jahrhunderten immer wieder umgebaut wurde.

In einer Blütezeit des Klosters kam es von Wilhering aus zur Besiedelung von drei neu gegründeten Klöstern: Engelszell (1293; seit 1925 Trappistenkloster), Hohenfurth (1259) und Säusenstein (1336; 1789 aufgehoben).

In der Reformationszeit war das Ende des Klosters wieder einmal bedrohlich nahe: Der damalige Abt nahm die Klosterkasse an sich und floh damit nach Nürnberg, wo er sich verheiratete. 1585 war dann das Kloster gänzlich verlassen. Aber im Zuge der Gegenreformation setzte der Kaiser wieder einen tüchtigen Abt ein, den Benediktinermönch Alexander a Lacu. In dem Maß, in dem sich die Gegenreformation durchsetzte, stabilisierten sich auch die inneren Verhältnisse des Stiftes wieder.

Als am 6. März 1733 Kloster und Kirche aufgrund von Brandlegung in Flammen standen, war das für das Kloster eine echte Katastrophe. Rundherum vermutete man, die Mönche hätten den Brand selbst gelegt, um endlich zu neuen Gebäuden zu kommen. Der Brandstifter war aber einer der vielen arbeitslosen Landarbeiter, die damals in Scharen auf Betteltour durchs Land zogen. Der aus Hartkirchen stammende Jacob Eder hatte die Magd Elisabeth Prindlin, ein 12jähriges Mädchen, so einzuschüchtern gewusst, dass es auf seinen Befehl hin den Brand gelegt hatte.

Die Kirche wurde dann unter weitgehender Verwendung der verbleibenden Mauerreste vorerst auf auf billigste Weise neu gebaut, jedoch im Laufe der nächsten Jahre mit höchstem finanziellen Aufwand prachtvoll gestaltet. Gerade die Rokokoausstattung sicherte der Kirche bis heute ihren hohen Berühmtheitsgrad.

In der Zeit des Nationalsozialismus schlossen sich sechs Mönche einer Widerstandsgruppe an, was den Nazis als Vorwand für die Beschlagnahme des Klosters 1940 bildete. Abt Bernhard Burgstaller wurde ein Opfer seiner Stellung als Kosteroberer im NS-Unrechtsregime und starb an Entkräftung
im Gefängnis 1941. Die leerstehenden Klostergebäude dienten unterschiedlichen Zwecken wie etwa der Einquartierung von Volksdeutschen aus Bessarabien (Rumänien), der Unterbringung des Linzer
Priesterseminars oder auch der Einrichtung einer Technischen Hochschule. Unmittelbar vor Kriegsende war ein Lazarett untergebracht.

Im Mai 1945 erreichten die amerikanischen Truppen Wilhering und quartierten sich im Stiftsgebäude ein. In den darauffolgenden Monaten konnten Patres und Brüder nach und nach in das Stift zurückkehren und nach vierjähriger Unterbrechung das Klosterleben wieder aufnehmen.

Die Nachkriegszeit war von einem großen Aufschwung gekennzeichnet. Neben dem klösterlichen Leben waren die Führung des Stiftsgymnasiums und die Seelsorge auf den Pfarren besondere Aufgaben des Stiftes. Aber auch in der Mission in Apolo/ Bolivien war eine Reihe von Mitbrüdern.
In den 50-ger Jahren wurde der Internatsbau errichtet, in den 60-ger Jahren ein neuer Gymnasialbau. Die Stiftsgärtnerei wurde wesentlich erweitert. Eine besondere Aufgabe war in den 70-ger Jahren die Renovierung der Stiftsgebäude und der Stiftskirche. Nach der Jahrtausendwende wurden schließlich eine neue Turnhalle und eine Biomasse-Heizung gebaut.

2016 wurden die Stiftsgärtnerei und die landwirtschaftlichen Flächen verpachtet. Das Jubiläum „875 Jahre Stift Wilhering“ im Jahre 2021 bot den Anlass für umfangreiche Renovierungsarbeiten im Stift. Im ehemaligen Meierhof wurde eine neue Klosterpforte mit Shop und Stiftsmuseum
eingerichtet. Der Stiftshof wurde neugestaltet. Die neue Marienkapelle im ehemaligen Kapitelsaal des Klosters im Kreuzgang ist nun der Ort für das tägliche Stundengebet, das nach wie vor der Mittelpunkt des klösterlichen Lebens für die kleine Mönchsgemeinde ist. Über 500 Schülerinnen und Schüler besuchen heute das renommierte Stiftsgymnasium. Die dem Stift inkorporierten 10 oberösterreichischen Pfarren werden im Zuge der Strukturreform zu größeren Einheiten zusammengefasst. Vier kleine Wilheringer Pfarren gibt es auch in Niederösterreich, die jeweils von
Weltpriestern aus Nachbarspfarren mitbetreut werden.

Das Stift Wilhering will auch in Zukunft ein Ort des Gebetes, der Bildung und Kultur, der Seelsorge und der Gastfreundschaft sein.

» Reinhold Dessl: Zisterzienserstift Wilhering (PDF)
Text aus dem Buch: Zisterzienser in Österreich. Salzburg: St. Peter, 2004, S. 87–93 (dort mit Abb.).

Was sind Zisterzienser?
» Info auf der Website des Stiftes Heiligenkreuz

» Stiftsbibliothek Wilhering