Stiftskirche

Im Rokoko, sagt man, wurden die allerletzten Möglichkeiten des Barock verwirklicht und ausgeschöpft. In der Wilheringer Stiftskirche – nach dem Urteil von Cornelius Gurlitt die glänzendste Leistung des Rokoko im deutschen Sprachraum – hat man tatsächlich den Eindruck: Mehr an Ausstattung, an Farbe, an Skulptur, an Malerei und Stuckatur ist in einem Raum nicht mehr möglich. 

Alles in dieser prachtvoll geschmückten, festlichen Kirche ist bewegt, rhythmisiert, fast möchte man sagen, ist Musik. Der illusionäre Wunsch des Barock, himmlische Sorglosigkeit und zeitloses Glück auf unsere Erde herunterzuholen, der im Rokoko in nahezu übermütiger und ausgelassener Weise ausagiert wurde, hat in Wilhering ein Denkmal par excellence erhalten.

Nach dem großen Brand von 1733 fiel es Abt Johann Baptist Hinterhölzl zu, den Wiederaufbau von Kloster und Kirche zu leiten. Wahrscheinlich aus Geldmangel wurde der Maurermeister Johann Haslinger beauftragt, aus vorliegenden Architektenplänen einen praktikablen und zugleich billigen Wiederaufbauplan bescheidenen Ausmaßes zu erstellen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es in der Barockzeit durchaus üblich war, Pläne von renommierten Architekten durch heimische Maurermeister umarbeiten zu lassen. 

Auch die folgende Bauausführung oblag Baumeistern, Maurern und Dekorateuren unabhängig voneinander. Für die Ausgestaltung des neu erbauten Kirchenraumes engagierte der Abt die verschiedensten freischaffenden Künstler, die nach seinen theologischen Wünschen arbeiteten.

Der bekannte Barockmaler Martino Altomonte war bereits 80 Jahre alt und hatte sich vom aktuellen Kunstmarkt zurückgezogen, als der Wilheringer Abt bei ihm 1737 das Hochaltarbild bestellte. Mit dem Werk und dem Preis einverstanden, gab der Abt den Auftrag an Altomonte, auch alle weiteren großformatigen Bilder für die Seitenaltäre zu malen. Dieser Altarbildzyklus war Altomontes letzte große Arbeit.

Die Freskierung der Deckengewölbe wurde von Sohn Martino Altomontes, Bartolomäo Altomonte, übernommen. Das Hauptfresko eröffnet gleichsam einen Wilheringer Heiligenhimmel (Coelum Hilariense). Im Gemälde kommen überwiegend Heilige vor, die in besonderer Beziehung zu den Zisterziensern bzw. zu Wilhering stehen.

Das Fresko der Vierungskuppel ist Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Bartolomäo Altomonte und dem italienischen Architekturmaler Francesco Messenta. Beide Dekorateure arbeiteten im Team, wobei Messenta die Scheinarchitektur und Altomonte die Figuren malte.

Mit den Stuckarbeiten wurde der einheimische Stuckateur Franz Josef Holzinger aus St. Florian beauftragt. Wegen des Österreichischen Erbfolgekrieges musste er aber seine Arbeiten kurz vor der Vollendung abbrechen. 

Nach der kriegsbedingten Unterbrechung wurde er dann nicht mehr mit der Fertigstellung beauftragt. Sein Ornamente waren zu geordnet, zu wenig überschäumend und so gar nicht ausgelassen.

Man übertrug daher die Fertigstellung bzw. Umgestaltung der bestehenden Stuckarbeiten den beiden Augsburger Künstlern Johann Michael Feichtmayr und Johann Georg Ueblherr. Ihrer Könnerschaft verdankt die Wilheringer Kirchendekoration ihre heutige Gestalt. Johann Georg Frueholz aus München brachte schließlich mit seinen Vergoldungen den noch fehlenden Glanz in den Kirchenraum.

Inzwischen hatten die beiden Wilheringer Laienbrüder Eugen Dymge und Johann Baptist Zell in vieljähriger Arbeit das Chorgestühl und die Kirchenbänke angefertigt und in der Kirche aufgestellt.

Man hat von der Wilheringer Stiftskirche verschiedentlich behauptet, sie wirke zu überladen und zu theatralisch. Aber gerade das wollten ja die Bauherren und Dekorateure des Barock, speziell des Rokoko! Eine Kirche sollte ihren Vorstellungen nach voll Glanz und Bewegung sein, durch Prunk sollte eine Vision himmlischer Herrlichkeit in den Kirchenraum gezaubert werden.