Spirituelles – Weihnachtsbotschaft von Abt Reinhold Dessl
Weihnachtsbotschaft 2017 von Abt Reinhold Dessl
„Ist da jemand, der mein Herz versteht? Und der mit mir bis ans Ende geht? Ist da jemand, der noch an mich glaubt? Ist da jemand? Der mir den Schatten von der Seele nimmt? Und mich sicher nach Hause bringt? Ist da jemand, der mich wirklich braucht?“ So singt der deutsche Popsänger Adel Tawil in seinem Song „Ist das jemand?“.
„Ist da jemand?“ So könnte man auch die Grundfrage sehen, auf die Weihnachten eine Antwort zu geben versucht im Sinne einer angebotenen Beziehung, einer froh machenden Hoffnung und einer ermutigenden Einladung.
Die Botschaft dieser angebotenen Beziehung haben wir in der Weihnachtsnacht wieder gehört mit den Worten des Evangelisten Lukas von der Geburt des Gottessohnes im Stall von Bethlehem. Mit der Geburt Jesu hat gleichsam eine stille Revolution stattgefunden. Der Herrgott oben, wie wir sagen, ist nicht länger nur der Herrgott oben. Er ist auch der Herrgott unten und in uns geworden. Er hat sich mit jedem Menschen verbunden. Gott bietet dem Menschen eine neue Beziehung an, darum feiern die Menschen Weihnachten auch als Fest der Beziehung. Mehr als sonst das Jahr über werden deshalb zu Weihnachten auch Beziehungen gepflegt.
Gott hat keine theoretische Antwort auf die Frage „Ist da jemand?“ gegeben, sondern er hat sich selbst hineinversetzt in das menschliche Frage und Suchen, in die menschliche Not und in den menschlichen Zweifel bis hin zur Erfahrung der Gottverlassenheit am Kreuz.
Beziehungen kann man nicht erzwingen und verordnen und sie bedeuten oft auch Schmerz. Liebe riskiert Ablehnung und Verweigerung. „In der Herberge war kein Platz“, heißt es bei Lukas. „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“, sagt der Evangelist Johannes. Wie oft ereignet sich auch in unserer Zeit eine vergebliche Herbergssuche? Menschen stehen vor verschlossenen Türen und verschlossenen Herzen. Zerbrochene Beziehungen stellen Menschen vor große Herausforderungen.
Auch die gläubige Beziehung zu Gott ist nicht immer einfach. Wie hat doch der Papst jetzt kurz vor Weihnachten zu seinen Kardinälen gesagt: „Weihnachten erinnert uns daran, dass ein Glaube, der uns nicht in eine Krise führt, ein Glaube in Krise ist; ein Glaube, der uns nicht wachsen lässt, ist ein Glaube, der wachsen muss; ein Glaube, der nicht Fragen aufwirft, ist ein Glaube, über den wir uns Fragen stellen müssen.“ Beziehung zu Gott ist also wie die Beziehung zum Mitmenschen etwas, das wachsen muss und wachsen darf gerade durch Krisen hindurch. Es ist erlaubt und sogar notwendig, Fragen zu stellen, wie das ja auch in der Debatte um die Vaterunser-Bitten vor kurzem wieder zum Ausdruck kam.
„Ich verkünde euch eine große Freude: Heute ist euch der Retter geboren.“
Es geht nicht um eine bloße Erinnerung an Vergangenes, sondern es geht um eine Zusage für die Gegenwart und eine Hoffnung für die Zukunft. „Auch wenn du, Mensch, dich oft alleine vorkommst. Wenn du nicht mehr weißt, wofür dein Leben gut sein soll, fürchte dich nicht. Ich bin bei dir. Ich bin da in deinen Fragen und Sorgen, ich bin da in deinen Ängsten und Hoffnungen.“ Jesus ist der Immanuel, der „Gott mit uns“, der uns verheißen ist. Er ist die Antwort auf die menschliche Frage „Ist das jemand?“
Ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute im neuen Jahr!
Abt Reinhold Dessl
25.12.2017 cb