Spirituelles – Osterbotschaft von Abt Reinhold Dessl

Dankesansprache von Abt Reinhold

Abt Reinhold Dessl

Ostern – eine unglaubliche Geschichte

Der Brand der Kathedrale Notre Dame von Paris hat nicht nur Frankreich erschüttert. Bischof Manfred Scheuer hat in dieser Woche bei einer Predigt im Linzer Dom darauf Bezug genommen und gesagt, der Brand einer Kathedrale sei eine Wunde für die Seele von Menschen, aber auch für die kulturelle und religiöse Identität von Völkern, sofern es diese noch gebe. Und in einem kritischen Nachsatz sagte der Bischof: „Hie und da hat man das Bewusstsein, es geht den Menschen doch etwas ab, wenn Religion fehlt.“ Es soll natürlich keine Katastrophe brauchen, um uns an so etwas zu erinnern. Die Teilnahme von so vielen an den jährlichen Osterfeierlichkeiten ist auf alle Fälle mehr als ein bloßes Brauchtum. Es zeigt uns, dass wir uns nach einer Hoffnung sehen, die stärker ist als alle Zerstörungsgewalt dieser Welt und auch des irdischen Lebens als Ganzes.

Natürlich gibt es auch im Gebäude der Glaubensüberzeugungen sozusagen Risse. In Umfragen bei uns kommt immer wieder heraus, dass etwa nur jeder Dritte etwas mit der Auferstehung Jesu anfangen kann.

Ostern ist eine unglaubliche Geschichte. Das erfuhren die Jünger schon am ersten Ostermorgen. Da war nicht das spontane Halleluja-Gefühl so wie auf Knopfdruck. Da hat es viel Entsetzen, Zittern und Zaudern bei den Jüngern gegeben. Die Apostel hielten am Beginn alles für ein Geschwätz. Maria von Magdala sagte selber angsterfüllt zu Petrus und Johannes: „Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben.“ Bis sie dann selber dem Auferstandenen begegnet ist und zur ersten Verkünderin der Auferstehungsbotschaft geworden ist. Sie sagt dann: „Ich habe den Herrn gesehen.“

Auferstehung ist auch nicht einfach die Wiederbelebung eines toten Körpers, sondern ein Hineingehen in das Leben des Vaters. Wir haben keinen Bericht vom Vorgang der Auferstehung, wir haben aber das Zeugnis von Menschen, die verwandelt wurden durch die Begegnung mit dem Auferstandenen. Sie sind hinausgezogen in die Welt und haben die Botschaft des Evangeliums von Jesus dem Lebenden verkündet. In der Jugendsprache könnte man auch sagen. Sie sind Influenzer Gottes geworden. Sie haben seine Botschaft verbreitet. Seither zieht sich diese Spur von Glaube, Hoffnung und Liebe durch die Welt. Auch nach 2000 Jahren hat sie noch die Kraft, die Herzen zu verwandeln, wenn wir uns dieser Botschaft öffnen.

Ganz gleich, wie viele Osterfeste wir schon gefeiert haben, Auferstehung wird vielleicht jedes Jahr einen anderen Klang haben. Weil sich auch unser Leben stetig verändert. Ostern klingt unterschiedlich für junge Leute oder für ältere Leute. Ostern klingt unterschiedlich für Menschen in der Mitte ihrer Lebenskraft und für die, die ihre eigene Endlichkeit von Jahr zu Jahr mehr spüren, oder gar für Menschen, die seit dem letzten Osterfest einen lieben Menschen verloren haben. Wohin gehen die Verstorbenen? Wer begleitet ihre Reise? Sind sie bei Gott?

Der Brand der Kathedrale Notre Dame von Paris hat nicht nur Frankreich erschüttert. Diese Kathedrale wird auch wiederaufgebaut werden. Noch viel mehr als den Wiederaufbau einer Kathedrale wird uns zu Ostern zugesagt. Der Gott der Liebe ist stärker als Tod und menschliche Vernichtung. Er hat ein ewiges Haus für uns bereit.

Ein gesegnetes Osterfest 2019!

Abt Reinhold Dessl

Hinter der Fahne des Todes
blüht das Leben
Foto: Wilhering, Ostern 2019